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Colourpointnachwuchs –

Unerwünschtes Gen bei Foundation-Maine Coons


Liebe Leser und Züchter, mit diesem Artikel will ich niemand ein Bein stellen - und ich möchte hier betonen, dass ich auf keinen Fall die Maine Coon diskreditieren will. Ich schreibe diesen Artikel gerade deshalb, weil es mir um die Maine Coon geht und damit diese wunderbare Rasse weiterhin so erhalten bleibt, wie sie ist. Denn inzwischen hat sich in den Genpool der Rasse ein unerwünschtes Gen Einlass verschafft - der Maskenfaktor!

Mit Hilfe neu entwickelter Farb-Gentests konnte aber der genaue Vererbungsweg des Gens zurück verfolgt werden - zu Foundationkatzen, die dieses rezessive Gen unbemerkt in sich trugen und an ihre Nachkommen weitervererbten.


Mit der Foundationzucht hatten vor einigen Jahren ein paar wenige Züchter in den USA begonnen. Ihr Ziel war es mit "selbst gefangenen" Foundation-Katzen neue Blutlinien auf zu bauen. Ein Spezialverein wurde gegründet und der American Cat Association (ASA) angeschlossen. In den Jahren 1999 und 2000 begannen dann auch Züchter in Deutschland mit einem eigenen Foundation-Zuchtprogram. Dazu holten auch sie sich ihre eigenen "selbst gefangenen" Foundation-Katzen aus den USA. Es ist kein leichter Weg und sehr viel Verantwortung, so ein Zuchtprogramm auf zu bauen. Verantwortung gegen über der Rasse, der Zucht und anderen Züchtern. Vor allem ist es eine lange harte, und kostenintensive züchterische Arbeit, die (wenn es richtig betrieben wird) Jahre dauert, bis man die ersten Erfolge hat, bis der Typ wieder entsprechend gefestigt ist, alle nötigen Testverpaarungen durchgeführt sind um Missbildungen, Erbkrankheiten und unerwünschte Gene mit Sicherheit aus zu schließen. Und es müssen natürlich jede menge Liebhaberplätze für die aus den Testverpaarungen gefallenen Kitten gefunden werde. Hut ab und Respekt vor einer solchen Aufgabe.


Der eine oder andere Züchter sowohl hier als auch in den USA hat diesen langen harten Weg aber offensichtlich gescheut - um schneller zum Erfolg zu kommen oder in der Hoffnung dass schon nichts passieren wird. Wie auch immer, - Fakt ist, es ist nun eben doch etwas passiert. Bei einer befreundeten Maine Coon Züchterin ist Ende November 2005 der erste "offizielle" Colourpoint-Wurf geboren. Aus einer nicht geplanten F4-Halbgeschwisterverpaarung (beide Tiere HCM frei!). Das allererste verdächtige Kitten wurde aber bereits schon im November 2002 geboren, unsere F3-Foundationkätzin "Molly" (Tara's let-it-shine-r-Molly). Eine black-tortie-high-white Kätzin mit strahlend blauen Augen. Beide Eltern von Molly stammen aus dem deutschen Foundation-Zuchtprogram und gerade die blauen Augen waren es, die Ihre Züchterin schon damals misstrauisch werden ließen. Sie machte auf das Kitten mit der für Maine Coons ungewöhnlichen Augenfarbe und ein evtl. unerwünschtes Gen in dieser Foundationlinie aufmerksam. Wurde dann aber von anderen Seiten darüber belehrt, dass die blauen Augen auf den extrem hohen Weiß-Anteil der Kätzin zurück zu führen wären. Da Molly's Züchterin zu diesem Zeitpunkt aber schon dabei war mit der Zucht aufzuhören, hat sie dieses Thema nicht mehr weiter verfolgt. Als dann im November 2005 bei Nachkommen von Molly's Halbbruder Peshewa (einem F3-Foundationkater) der besagte Colourpointwurf geboren wurde, war dieses Thema wieder aktuell. Die befreundete Züchterin verstand natürlich die Welt nicht mehr, als sie sah was da in der Wurfkiste lag. Sie hatte ja schließlich keine fremde Rasse eingekreuzt - aber woher kam nun diese im Standard unerlaubte Farbe?


Der Maskenfaktor bzw. das Colourpoint ist ein rezessives Gen, das sich über Generationen unbemerkt auf viele Nachkommen weitervererbt. Das Gen wird erst wieder bei einer Verpaarung mit 2 Pointträgern sichtbar und erst dann fallen wieder Colourpointkitten mit blauen Augen. Die Züchterin ließ daraufhin die beiden Elterntiere des Pointwurfes (beide Kinder von "Peshewa") und deren sämtliche Nachkommen (auch deren Nachkommen aus Verpaarungen mit anderen Partnern) auf den Maskenfaktor testen - Gentests stehen inzwischen von Biofocus und Laboklin zur Verfügung. Beide Eltern und fast alle deren Nachkommen sind Pontträger nur ein einziger Jungkater hatte das Gen nicht geerbt. Die Züchterin wandte sich, um das Richtige zu tun und um Klarheit zu haben, an ihren Zuchtverband. In Absprache und Übereinkunft mit dem Verband wurden von der Züchterin sämtliche Pointträger aus der Zucht genommen und kastriert. Und die Kitten bekamen ein Pedigree, in dem sie als "Pointräger" und "nicht zur Zucht zugelassen" gekennzeichnet wurden. Im Zuge dessen ließen wir auch unsere Molly testen - und auch bei ihr wurde das Pointgen festgestellt. Somit war eindeutig nachgewiesen daß der Maskenfaktor über diese Foundationlinie herein gekommen war.


Es stellt sich nun die berechtigte bange Frage: Wie viele Pointträger sind in den letzten Jahren bereits unbemerkt in die Zucht gelangt, wann hat der nächste Züchter einen Pointwurf in der Wurkiste liegen, für den er keine Erklärung hat? Wie viele Colourpointwürfe sind inzwischen schon gefallen, wo die schockierten Züchter lieber geschwiegen haben?

Die Vorstellung und die Aussage, dass in den Wäldern von Maine noch reinrassige Ursrungstiere leben, dürfte wohl reines Wunschdenken sein. Die dort wild, oder halbwild lebenden Populationen von Katzen sind bestenfalls Maine Coon-Mischlinge, die bereits alle möglichen Gene, der dort in Maine lebenden anderen Haus- oder Rassekatzen in sich tragen können. Es sind genetische Wundertüten und wir wissen nicht welches genetische Material so in die Zucht gelangt ist. Es kann noch so manche Überraschung auf uns warten. Es gibt für die Maine Coon einen vorgegebenen Standard in dem kein Maskenfaktor vorkommt. Das Point hat in dieser Rasse nichts verloren. Wenn es nicht gelingt, dieses Gen zu eliminieren, dann bedeutet dies das Ende der Maine Coon, so wie wir sie heute kennen.


Wenn der Standard verändert wird und sei es nur diesem neuen Farbschlag zu Liebe, dann verändern wir zwangsläufig die Rasse. Verbunden mit dem Colourpoint werden sich weitere neue Farben einbringen die aus dem Colourpoint resultieren. Farben wie Lilac, Chocolate usw. Dann ist es nur noch ein ganz kleiner Schritt bis irgendwann Jeder alles das einkreuzt, was er für sinnvoll hält um "seine" Vorstellung von der Maine Coon züchterisch zu verwirklichen. Bis dahin wird, außer dem Namen, von der ursprünglichen Maine Coon natürlich nicht mehr viel übrig sein.


Mit so viel Energie und Engagement wird gegen die HCM vorgegangen. Genau so wichtig wie eine Erbkrankheit zu bekämpfen, ist es auch eine Rasse so zu erhalten wie sie ist. Und da wir gerade bei Erbkrankheiten sind - bei dem aufgetretenen Maskenfaktor handelt es sich nicht nur um eine Farbe sondern es bedeutet auch dass es zu einer Einkreuzung anderer Rassen kam, bei denen das Point vorkommt. Es gibt ein paar Rassen mit Colourpoint, von denen man weiß, dass sie gravierende Probleme und Erbfehler haben können. Der Maskenfaktor birgt also auch noch die Gefahr, dass Gendefekte anderer Rassen bei der Maine Coon ganz schleichend eingeschleppt werden.

Ein Katerchen (Ragnar) aus dem im Artikel beschriebenen Colourpointwurf zeigt zum Beispiel deutliche Deformationen bzw. Fehlstellungen an den Beinen, so wie einen ganz extremen Knickschwanz. Da es eine Halbgeschwisterverpaarung war, ist es anzunehmen, dass es sich um einen Genfehler handelt, der sich erst bei dieser Engverpaarung gezeigt hat. Die Wurfschwester von Ragnar zeigt ein ähnliches Bild aber nicht so schlimm wie ihr Bruder. Der gesammte Wurf war von diesen Missbildungen betroffen wobei sie bei Ragnar und seiner Schwester Bonny am heftigsten ausgeprägt waren. Die beiden Elterntiere weisen nichts der gleichen auf, weder Knickschwänze noch deformierte Beine . Es gibt eine bestimmte Pointrasse bei der es früher zu solchen Erbfehlern kam (Quelle aus dem Internet).


Seit kurzer Zeit gibt es, wie schon erwähnt, einen Farb-Gentest mit dem der Maskenfaktor absolut sicher festgestellt werden kann. Dies ist jetzt ein sehr großer Vorteil, den Züchter nützen können. Vor ein paar Jahren standen uns solche Testmöglichkeiten ja leider noch nicht zur Verfügung. Der Gentest kann in jeder Tierarztpraxis per Bluttest oder Wangenabstrich durchgeführt werden. Mehr Infos dazu gibt es bei den Tierärzten oder unter www.biofocus.de. Auch von Laboklin wurde ein entsprechender Test entwickelt. Dieser Farb-Gentest hat inzwischen durch aus seine Berechtigung. Zum Beispiel dürfen wir nicht so blauäugig sein und denken, dass alles was aus amerikanischen Foundation-Catterys zu uns kommt in Ordnung ist und dass dort alles richtig gemacht wird. Denn genau das ist nicht der Fall, auch in den USA sind in der Zucht Fehler gemacht worden. So ist es inzwischen eine belegte Tatsache, dass aus amerikanischen Foundation-Zuchten Katzen nach Deutschland verkauft wurden, die definitiv Pointträger sind. Gerade beim Kauf von Zuchttieren im Ausland ist dieser Gentest nun sehr nützlich - der Käufer kann bereits im Vorfeld einen Farbtest verlangen bevor er sich ein Katze kauft um so die Sicherheit zu haben, sich keinen Pointträger in die Zucht zu holen. Dieses einfache Testverfahren ermöglicht es uns Züchtern unerwünschte rezessive Gene zu entdecken, noch bevor sie in den Genpool einer Rasse gelangen.


Ich wünsche mir, dass es für die Maine Coon noch nicht zu spät ist und dass uns diese herrliche ursprüngliche Rasse mit der einzigartigen wilden Schönheit so erhalten bleibt, wie wir sie kennen und lieben. Ich weiß, mit diesem Artikel werde ich mir nicht unbedingt Freunde machen, - doch ich hoffe ich kann damit den einen oder anderen aufrütteln und zum Nachdenken bringen.


Outcross ja - aber nicht um jeden Preis !



Maike Cernohorsky-Herms (Modesto's Maine Coons)

© Copyright Maike Cernohorsky-Herms!


Der Artikel wurde in der Vereinszeitschrift "Katzenwelt", des Katzenvereins Leverkusen (KVL) und in der der "Katzen-Postillie" (Vereinszeitschrift von Cats First! e.V. und AKRM e.V.) veröffentlicht.

Bony und Angie, Ragnar's Colourpoint-Wurfschwestern

Ragnar

Ragnars Beinchen

Ragnars Röngtenbilder:

Falsche Fütterung und Medikamente wie Antibiotika (Baytril) usw. sind als Ursache für diese Mißbildungen auszuschließen!